Die Frau des Ratsherrn by Joël Tan

Die Frau des Ratsherrn by Joël Tan

Autor:Joël Tan
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2011-10-16T22:00:00+00:00


3

Nach einer feuchten und kurzen Nacht hatten Walther und Thiderich sich aufgerafft und waren weiter in Richtung Aldessen gezogen.

Als Thiderich seinen Begleiter wieder hinter sich auf Millies Rücken ziehen wollte, wehrte sich die Stute mit gewaltigen Bucklern, sodass Walther prompt wieder abgeworfen wurde. Nach einem weiteren Versuch und einem weiteren Sturz weigerte sich Walther standhaft, es noch einmal zu probieren.

Thiderich ärgerte sich zwar darüber, dass die Stute nun ihren Willen bekam, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als auch abzusteigen und neben Walther herzulaufen.

Nachdem die Landschaft lange Zeit eine weite Sicht bot, gelangten sie nun in ein dichter bewachsenes Gebiet. Der dunkle, fast unheimliche Wald machte eine Orientierung so gut wie unmöglich. Umso glücklicher waren sie um jeden, der ihren Weg kreuzte und den sie nach der Richtung fragen konnten. Walthers Sprachkenntnisse erwiesen sich in diesen Momenten als unverzichtbar.

Nachdem sie schon lange niemandem mehr begegnet waren, sahen sie von Weitem endlich einen fahrenden Händler. Anfangs blickte er etwas misstrauisch, schließlich konnte man nie vorsichtig genug sein, doch nach einer freundlichen Begrüßung wurde er aufgeschlossener.

»Guter Mann, könnt Ihr uns vielleicht den rechten Weg weisen? Wir sind fremd hier und wollen uns nicht verirren.«

»Wo soll es denn hingehen?«, fragte er daraufhin freundlich.

»Nach Aldessen.«

Der Händler überlegte kurz und drehte sich dabei in alle Himmelsrichtungen. »Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Von hier aus führen nämlich mindestens zwei Wege nach Aldessen. Ein kürzerer, aber gefahrenreicherer Weg und ein längerer, sicherer Weg. Wenn Ihr mich fragt, dann solltet Ihr zunächst nach Varel reiten, wo Ihr einen Tag lang ausruhen könnt. Von dort aus wendet Ihr Euch dann nach Norden, um Aldessen zu erreichen.«

Thiderich verstand die Erklärung des Mannes zwar nicht vollständig, aber einzelne Worte konnte er bereits deuten. Das Wort Gefahr hatte er erkannt und drängte Walther daraufhin, genauer nachzufragen.

»Welche Gefahren sind das, von denen Ihr sprecht?«

Der Händler musterte Thiderich vom Scheitel bis zur Sohle und sagte dann lächelnd zu Walther: »Aha, Euer Freund hat es entweder besonders eilig, oder er ist besonders wagemutig. Doch ich warne Euch; nach diesem Wald wird das Gebiet bis nach Aldessen von tückischen Sümpfen und unzähligen Bächen und Flüssen durchzogen. Wenn Ihr dort nicht feststecken oder Euch verirren oder gar ertrinken wollt, dann solltet Ihr Euch an die größeren Wege halten und keine Abkürzungen nehmen – auch wenn das einen Umweg bedeutet.«

Walther dankte dem Händler und verabschiedete sich. Es dauerte nicht lange, da fing Thiderich auch schon an, ihn ungehalten auszufragen. Er hasste es, dass er nichts verstand und auf seinen jüngeren Gefährten angewiesen war.

Walther wusste das und war klug genug, um Thiderich gar nicht erst etwas von möglichen Abkürzungen zu erzählen. »Der Mann hat gesagt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Wir müssen zuerst nach Varel und dann nach Norden, in Richtung Aldessen gehen.«

Am Abend des wohl angenehmsten Tages für Millie und des wohl anstrengendsten für ihre Reiter erreichten sie die Stadt Varel. Seinem Ziel nun so greifbar nahe, wäre Thiderich am liebsten sofort wieder losgezogen, doch die Dunkelheit machte ein Weiterkommen absolut unmöglich.



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